Seit 1.1.2024 gelten für GmbH und AG neue Bestimmungen, die zu einer zwingenden Abberufung von Vertretungsorganen führen, die für bestimmte Wirtschaftsdelikte rechtskräftig verurteilt werden („Disqualifikation“). Disqualifizierte Personen dürfen von Kapitalgesellschaften für die Dauer von drei Jahren nicht als Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied bestellt werden.
Fast unbemerkt neben der Einführung der neuen flexiblen Kapitalgesellschaft (FlexCo) und dem brisanten Urteil des Verfassungsgerichtshofes, womit die Regelung der Handy-Sicherstellungen als verfassungswidrig aufgehoben und eine völlige Neuregelung der strafprozessrechtlichen Sicherstellung bis spätestens 2025 vorgeschrieben wurde, trat mit Jahresbeginn eine massive Sanktion für Vertretungsorgane von Kapitalgesellschaften in Kraft: Seit 1.1.2024 unterliegen Geschäftsführer und Vorstände, die wegen bestimmter Straftaten rechtskräftig verurteilt werden, einer Disqualifikation, die zu ihrer verpflichtenden Abberufung als Organ und Löschung im Firmenbuch führt. Ebenso dürfen disqualifizierte Personen nicht als Leitungsorgane von Kapitalgesellschaften bestellt werden.
Im Detail:
Die zum Jahresende 2023 im Parlament beschlossene Disqualifikation von strafrechtlich verurteilten Vertretungsorganen von Kapitalgesellschaften versteckt sich unter dem harmlos klingenden Titel „Gesellschaftsrechtliches Digitalisierungsgesetz 2023“. Das Gesetz dient der Umsetzung der EU-Digitalisierungs-Richtlinie, die in Art. 13i den unionsweiten Ausschluss von Personen als „disqualifizierte Geschäftsführer“ vorsieht.
Nach den Erläuterungen dient das Gesetz dem Schutz von Personen, die mit Gesellschaften interagieren, indem die Ernennung einer Person zum Geschäftsführer einer GmbH oder zum Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft wegen einer strafrechtlichen Verurteilung ausgeschlossen wird. Für den Gesetzgeber scheint es geboten, auch für bereits als Geschäftsführer oder Vorstandsmitglieder eingetragene Personen, die durch eine strafrechtliche Verurteilung disqualifiziert werden, von deren Organstellung auszuschließen. Zu berücksichtigen sind dabei auch zum Ausschluss führende Verurteilungen, die in anderen EU-Mitgliedstaaten erfolgt sind.
Die wichtigsten Eckpunkte der österreichischen Regelung, die bereits mit Jahresanfang 2024 in Kraft getreten ist:
Fazit:
Aus praktischer Sicht bedeuten die neuen Bestimmungen zur Disqualifikation von Vertretungsorganen eine zusätzliche, erhebliche Gefahr für Geschäftsführer und Vorstände, die als Beschuldigte in Berührung mit Strafermittlungen kommen. Neben der persönlichen Strafbarkeit kann die zwingende Abberufung als Vertretungsorgan und der weitergehende Ausschluss von Leitungspositionen drohen. Ein weiterer Grund bei der Verteidigung in Wirtschaftsstrafsachen auf die anwaltliche Vertretung durch Spezialisten mit wirtschaftsrechtlicher Erfahrung und strategischem Weitblick zu setzen.
Unsere Experten von KNOETZL stehen Ihnen mit Rat und Tat zur Seite:
Thomas Voppichler, Partner, Leiter Wirtschaftsstrafsachen
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